Von Elizabeth Vos / MintPress News 
Die Spur der “Finder” führte letztendlich zu Anschuldigungen gegen eine in rituellen Missbrauch verwickelte Sekte, einen internationalen Kinderhandelsring, Beweise für Kindesmissbrauch, die bestätigt und später dementiert wurden, und Verbindungen zur CIA, die mutmaßlich in den Fall verwickelt war.
WASHINGTON – Im Februar 1987 ging bei der Polizei von Tallahassee ein anonymer Anruf ein, wonach sich sechs verdreckte und ausgehungerte Kinder in der Obhut von zwei gut gekleideten Männern in einem Park in Tallahassee, Florida, wie Tiere verhielten. Dieser Anruf war der Beginn des Finders-Skandals: eine Reihe von Ereignissen und mehrere Ermittlungen, die noch bizarrer waren als die ursprüngliche Meldung.
Die Spur führte schließlich zu Anschuldigungen gegen eine in rituellen Missbrauch verwickelte Sekte, einen internationalen Kinderhandelsring, Beweise für Kindesmissbrauch, die bestätigt und später dementiert wurden, und Verbindungen zur CIA, die angeblich in den Fall verwickelt war. Weder bei der ersten Untersuchung 1987 noch bei einer 1993 durchgeführten Untersuchung zu den Vorwürfen der CIA-Beteiligung wurde jemals irgendjemand strafrechtlich verfolgt: Offizielle Dementis wurden aufrechterhalten und die Behörden erklärten, dass niemals Beweise für kriminelle Aktivitäten gefunden wurden. Im Laufe der Zeit sind jedoch Dokumente aufgetaucht, die erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der offiziellen Darstellung aufkommen lassen.
Im Gegensatz zu anderen historischen Menschenhandelsringen, über die in der unabhängigen Presse berichtet wurde, einschließlich derer, die ich zuvor erörtert habe, wirkt der Finders-Skandal wie eine Art Phantom. Das liegt daran, dass es keine erwachsenen Opfer gibt, die sich gemeldet haben, dass der Öffentlichkeit keine stichhaltigen Beweise vorgelegt werden und dass es keine umfangreichen Gerichtsverfahren oder Verurteilungen gibt. Ein weiteres Hindernis für die Bereitschaft der meisten Journalisten, über eine solche Geschichte zu berichten, waren die Behauptungen über rituellen Missbrauch, die von den Konzernmedien zum Zeitpunkt des Vorfalls aufgebauscht wurden, sowie die Behauptungen über eine von der CIA betriebene Vertuschung, die von der etablierten Presse weniger anerkannt wurde.
Die Geschichte wird noch komplizierter durch die Tatsache, dass sie sich in drei grundlegenden Phasen abspielt: die anfänglichen Ermittlungen von 1987, die sich über mehrere Bundesstaaten und Strafverfolgungsbehörden erstreckten; eine anschließende Untersuchung von 1993, die sich mit den Vorwürfen einer Vertuschung und Einmischung der CIA in die Ermittlungen von 1987 befasste; und das Auftauchen von Dokumenten der Zollbehörde, die neue Aspekte der anfänglichen Durchsuchungen von Finders-Besitztümern enthielten, worauf die Veröffentlichung von Hunderten von Dokumenten beider Ermittlungen aus dem Archiv des FBI im Jahr 2019 folgte.
Durch die anfängliche Sensationalisierung des Themas durch die Darstellung der Finders als satanische Sekte profitierten die Medien von einem unmittelbaren Schockeffekt, während sie gleichzeitig zuließen, dass genau diese Sensationslust zur Voraussetzung für die Ablehnung anderer Aspekte der Geschichte wurde und die Verbindungen der Finders zur CIA unerforscht blieben.
Die Ermittlungen von 1987
Am 4. Februar 1987 wurden in Tallahassee, Florida, zwei Männer in Anzug und Krawatte in Begleitung von sechs von Insekten zerfressenen, dreckigen und ausgehungerten Kindern unter dem Vorwurf des Kindesmissbrauchs festgenommen, nachdem ein besorgter Bürger die örtliche Polizei verständigt hatte. Zunächst befürchtete die Polizei von Tallahassee, dass die Kinder entführt und über die Staatsgrenzen geschmuggelt worden sein könnten. Die US-Zollbehörde, das Washington Metropolitan Police Department (MPD) und das FBI schalteten sich ein, um die beiden Männer aufgrund des Verdachts auf zwischenstaatliche kriminelle Aktivitäten einschließlich möglicher Kinderpornografie zu identifizieren.
Die Geschichte wurde landesweit bekannt, nachdem die Ermittler die beiden als Douglas Ammerman und Michael Houlihan (auch als Michael Holwell bezeichnet) identifizierten Männer mit einer in Washington D.C. ansässigen Gruppe namens The Finders in Verbindung brachten, die von den Behörden öffentlich als “Sekte” bezeichnet wurde. Die Polizei von Tallahassee berichtete zunächst, dass mindestens zwei der Kinder Anzeichen von sexuellem Missbrauch aufwiesen.
Houlihan und Ammerman erklärten der Polizei ursprünglich, dass sie die Kinder zu einer Schule für begabte Kinder in Mexiko bringen würden. Diese Erklärung über den Zweck der Reise der Kinder änderte sich jedoch erheblich, da die Finders-Mitglieder später erklärten, die Gruppe sei auf einer Abenteuerreise in Florida. Es stellte sich heraus, dass die Finders-Gruppe mehrere Immobilien in Washington D.C. und eine Farm im ländlichen Madison County in Virginia besitzt. Es wurde auch deutlich, dass die Finders sehr geschickt mit der frühen Computertechnologie umgingen, was im weiteren Verlauf des Falles ein wichtiger Aspekt werden sollte.
Etwa sechs Tage lang nach den ersten Verhaftungen machten die Nachrichten im ganzen Land Schlagzeilen über die Vorwürfe des rituellen Missbrauchs, bevor am 10. Februar ein Umschwung sowohl in den Medien als auch bei den Behörden einsetzte. Die New York Times berichtete an diesem Tag:
Die örtlichen Polizeibeamten gaben heute bekannt, dass sechs Kinder, die letzte Woche in Florida gefunden wurden, offenbar nicht entführt wurden und dass es keine Beweise dafür gibt, dass es sich bei der geheimnisvollen Gruppe, die sie aufgezogen hat, um eine Sekte handelt, die Kindesmissbrauch betreibt. Die Erklärung des Metropolitan Police Department steht im Widerspruch zu den Angaben der Polizei in Tallahassee, Florida, wo die Kinder letzte Woche ungewaschen und ausgehungert gefunden wurden. Die Beamten dort sagten heute Morgen, dass mindestens zwei der Kinder Anzeichen von sexuellem Missbrauch aufwiesen.
Wie von der Times und der Chicago Tribune beschrieben, wurden die Kinder in polizeilichen Schutzgewahrsam genommen, nachdem in den Unterkünften, in denen sie ursprünglich untergebracht waren, Drohungen eingegangen waren. Schließlich wurde berichtet, dass die Mütter der Kinder Mitglieder der Finders waren und dass die Kinder von Houlihan und Ammerman mit der vollen Zustimmung ihrer Eltern mitgenommen wurden. Der Verdacht der Entführung und des Menschenhandels verlor daher schnell an Glaubwürdigkeit, obwohl die Missbrauchsvorwürfe bestehen blieben. Die ursprünglichen schweren Anschuldigungen des sexuellen Missbrauchs von mindestens zwei der sechs Kinder wurden schließlich von den Behörden Floridas widerlegt.
Im März 1987 wurden Houlihan und Ammerman aus Mangel an Beweisen freigelassen und alle Kinder wurden schließlich an ihre Mütter zurückgegeben. Die offizielle Meinung und die der Medien war, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit um ein übertriebenes Missverständnis handelte und dass die Finder einfach eine “alternative Lebensgemeinschaft” im Stil der 1960er Jahre mit ungewöhnlichen Erziehungsmethoden waren.
Die Ermittlungen von 1993 zur Vertuschung der Geheimdienstaktivitäten
U.S. Zoll-Spezialagent Ramon J. Martinez behauptete in einer Aktennotiz, dass er während seiner Teilnahme an den Durchsuchungen zweier Grundstücke der Finder in Washington Beweise für die Absicht der Finder, mit Kindern zu handeln sowie andere potenziell kriminelle Handlungen gesehen habe. Martinez schrieb, dass er trotz mehrfacher Versuche nicht in der Lage war, die an den Orten gesammelten Beweise einzusehen, und dass ihm schließlich von einem Dritten auf dem MPD-Revier mitgeteilt wurde, dass die Finders-Gruppe unter den Schutz der CIA geraten war, die sich in die Ermittlungen eingemischt hatte, indem sie die Angelegenheit als “interne Angelegenheit” bezeichnete und die Fallakten als “geheim” einstufte, ohne dass weitere Maßnahmen ergriffen wurden oder Beweise zur Überprüfung zur Verfügung standen. Martinez’ Schilderung der von ihm beobachteten Vorgänge stellt eindeutig eine deutliche Gegenposition zur offiziellen Darstellung dar.
Ein Mann namens Skip Clements soll die US-Zolldokumente und andere Unterlagen an den damaligen republikanischen Abgeordneten Tom Lewis aus Florida und den demokratischen Abgeordneten Charlie Rose aus North Carolina weitergegeben haben. Unter anderem aufgrund ihrer Proteste und der Aussicht, dass die CBS-Sendung 48 Hours einen Beitrag über die Finders-Geschichte produzieren würde (der jedoch nie ausgestrahlt wurde), kündigte das Justizministerium Ende 1993 an, den Vorwürfen der Einflussnahme der CIA auf die Ermittlungen von 1987 nachzugehen. Die bereits erwähnten Kongressabgeordneten behaupteten öffentlich, dass die Finders möglicherweise vom Schutz der US-Regierungsbehörden profitiert hätten, woraufhin U.S. News & World Report im Dezember 1993 (als die Ermittlungen des Justizministeriums begannen) schrieb, Lewis habe gefragt:
“Könnte unsere eigene Regierung etwas mit dieser Finder-Organisation zu tun haben und diese Kinder im Stich lassen? Darauf deuten die Beweise hin…. Ich kann Ihnen sagen, dass wir eine Menge Leute auf Trab gebracht haben und das würde nicht passieren, wenn es hier nichts gäbe.”
Die Untersuchung des Justizministeriums ergab, dass es keine Beweise für eine Einflussnahme der CIA und keine Beweise für kriminelle Handlungen seitens der Finder gab, und das war das offizielle und rechtliche Ende der Geschichte.
Die Veröffentlichung von Dokumenten aus dem FBI-Archiv im Jahr 2019
Schließlich gelangten die Zolldokumente, darunter auch das Memo von Ramon Martinez, ins Internet. Die genaue Methode, mit der dies geschah, bleibt unklar, wobei die beste Kopie der Dokumente auf der Website des inzwischen verstorbenen Ted Gunderson gehostet wurde, der als leitender FBI-Sonderagent und Leiter des FBI in Los Angeles tätig war.
Ich habe Martinez im Jahr 2017 kontaktiert und er bestätigte, dass er das Dokument verfasst hat und dass es echt ist, doch bis heute weigert er sich, mit mir über die Angelegenheit zu sprechen. Martinez hat in begrenztem Umfang mit einigen anderen unabhängigen Journalisten kommuniziert, darunter Derrick Broze vom Conscious Resistance, der 2019 einen Dokumentarfilm [dt. Übersetzung] über den Finder-Fall produziert hat. Ich habe auch Aspekte der Aktennotiz von Martinez und des Finders-Falls in einem Bericht über angebliche geheimdienstliche Kindesmissbrauchsskandale beschrieben, den ich im August 2019 im Zuge des Todes von Jeffrey Epstein und des erneuten öffentlichen Interesses an dem gesamten Thema verfasst habe.
Nur wenige Monate nach Epsteins Tod, im Oktober 2019, begann das FBI damit, Hunderte von Finders-Untersuchungsdokumenten aus seinem Archiv zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung löste einen Sturm der Aufmerksamkeit aus, doch abgesehen von einem Artikel von Vice, der jegliches Interesse an dem Thema als Verschwörungstheorie darstellte, gab es praktisch keine Presseberichterstattung.
Auf den ersten Blick scheint der Inhalt der FBI-Unterlagen den Behauptungen des ehemaligen Special Agent Martinez zu widersprechen: Sie enthalten Aussagen mehrerer an den Ermittlungen beteiligter Beamter verschiedener Behörden, wonach sie keine offene Einmischung der CIA in ihre Arbeit erlebt haben. Bei näherer Betrachtung bestätigen die Dokumente jedoch auch wichtige Aspekte von Martinez’ Behauptungen und untermauern Fragen bezüglich der Verbindungen der Finder zum Geheimdienst.
Es gibt das Eingeständnis, dass Isabelle Pettie, die Ehefrau des Finders-Anführers Marion Pettie, während der Zeit des Kalten Krieges für die CIA gearbeitet hat (Pettie gab auch zu, dass sein Sohn für die mit der CIA verbundene, aus der Iran-Contra-Ära hervorgegangene Air America gearbeitet hat), und dass ihre Visa nach Nordkorea, Nordvietnam, Russland und anderswo vom Außenministerium genehmigt worden waren. Schlüsseldokumente der MPD-Untersuchung sind als geheim gekennzeichnet, genau wie Martinez behauptet hatte, was auf den ersten Blick bizarr ist, wenn wir glauben sollen, dass die Finders einfach eine seltsame, “alternative” Lebensgemeinschaft waren.
Diese und andere bestätigende Details verleihen Martinez’ Behauptungen, er habe andere Dokumente gesehen, die auf internationalen Kinderhandel hindeuten, sowie seiner Behauptung, ihm sei gesagt worden, der Fall sei als “interne Angelegenheit der CIA” eingestuft worden, zusätzliche Glaubwürdigkeit.
Die FBI-Veröffentlichung enthält Unterlagen aus der Voruntersuchung der Polizei von Tallahassee, der MPD-Untersuchung, stark geschwärzte Unterlagen der US-Zollbehörde, Dokumente des Washington Metro Field Office (WMFO) des FBI und anderer Behörden sowie die Korrespondenz und Dokumentation der Untersuchung von 1993, hauptsächlich vom WMFO an die FBI-Zentrale. Die Dokumente sind in den drei veröffentlichten Dokumenten ohne kohärente Reihenfolge verstreut und mit Zeitungsberichten über die ersten Verhaftungen, das Sorgerecht für die Kinder und die 1993 durchgeführte Untersuchung über die Verbindungen der CIA mit der Gruppe und deren Schutz durchsetzt.
Bizarrerweise ist auch eine Karte zum McMartin-Vorschulskandal in der Publikation enthalten, ohne dass ein Grund dafür bekannt ist, denn zu diesem Zeitpunkt haben die beiden Fälle nichts miteinander zu tun, abgesehen davon, dass es in beiden Fällen um Anschuldigungen des satanischen Missbrauchs ging. Unabhängig von der Absicht, die hinter der Aufnahme des Dokuments steht, dient es dazu, die Finders weiterhin mit den so genannten Skandalen der “moralischen Panik” der damaligen Zeit in Verbindung zu bringen, was meiner Meinung nach von der Frage der geheimdienstlichen Verbindungen zu diesem Fall ablenkt.
Ein neues Bild
Bevor wir uns der Analyse der verfügbaren Beweise zuwenden, ist es wichtig, eine Reihe von Problemen zu erkennen, die wir beim Verständnis der FBI-Unterlagen haben. Erstens sind die Dokumente mit einer Vielzahl großer, oft bedenklich platzierter Sperrvermerke versehen, von denen die wichtigsten nicht mit Datenschutzbestimmungen, sondern mit “S” gekennzeichnet sind, was vermutlich bedeutet, dass die Informationen als geheim eingestuft sind.
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass Informationen, die von einigen Behörden angefordert wurden – insbesondere während der Voruntersuchung von 1993 im Zusammenhang mit einer CIA-Vertuschung – den zuständigen Untersuchungsbehörden nicht zur Verfügung gestellt wurden. Hinzu kommt das Phänomen des völligen Verschwindens von Informationen, einschließlich des Verschwindens von Beweismitteln und Fällen, in denen Aufzeichnungen nie aufbewahrt wurden, was zu widersprüchlichen Angaben über die Existenz wichtiger Beweisstücke führt.
Diese Serie wird sowohl die Sensationslust als auch das Schweigen der etablierten Medien rund um die Finders-Geschichte in Frage stellen, indem sie die Behauptungen der US-Zolldokumente im Hinblick auf die neueren Veröffentlichungen des FBI untersucht, die ein neues Licht auf die Verbindungen zwischen den Finders und dem US-Geheimdienstapparat werfen.
Autorin: Elizabeth Vos
Am 03.06.21 erschienen auf: https://www.mintpressnews.com/the-finders-cia-ties-child-sex-cult-obscured-media-coverage/277543/
Übersetzung: Causalis Spezial
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